Engagierte Schülerinnen und Schüler, eine motivierte Lehrkraft, eine Projektidee für den Schulwettbewerb YES! und tatkräftige Unterstützung von Firmen aus der Region – dies sorgte bei der App „finda“ für ein „perfect match“. Im Interview erzählt Ines Heidemann, Lehrerin am Windthorst-Gymnasium in Meppen, wie aus einem Schulprojekt eine App hervorging und aus einer Schülerfirma eine Unternehmergesellschaft wurde.
„2019 machte mich eine Kollegin auf den YES!-Schulwettbewerb aufmerksam. Mit einem Projektteam haben wir dann ein Jahr später mitten in der Corona-Pandemie am Wettbewerb teilgenommen – ohne große Erwartungen“, erinnert sich Ines Heidemann. Die Lehrerin unterrichtet am Meppener Windthorst-Gymnasium die Fächer Deutsch, Politik, Wirtschaft und Darstellendes Spiel. Mit einer reinen Mädchengruppe ging es zum YES!-Regionalentscheid nach Essen – und zur großen Überraschung gewannen die Schülerinnen. „Da war der Ehrgeiz geweckt!“ Beim großen Bundesfinale in Hamburg reichte es zwar nicht für einen Platz auf dem Treppchen, aber die Begeisterung für die Projektidee war ungebrochen.
Die Projektgruppe beschäftigte sich mit Passungsproblemen auf dem Ausbildungsmarkt – also der Frage, warum Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, obwohl es eigentlich genug Bewerberinnen und Bewerber gibt. „Die Schülerinnen haben schnell erkannt, dass viele Ausbildungsberufe einfach nicht greifbar genug kommuniziert werden. Das führte zur Idee einer Matching-Plattform – ähnlich wie Tinder, aber für die Ausbildung.“ Nach der der Teilnahme am Wettbewerb wollte das Projektteam das Konzept für eine regionale Plattform, die Ausbildungsbetriebe mit jungen Menschen auf der Suche nach Praktika und Ausbildungsstellen zusammenbringt, nicht einfach so versanden lassen. Schließlich hatte man ein echtes Problem am Ausbildungsmarkt erkannt und eine gute Lösung dafür gefunden, die nun zur Marktreife gebracht werden sollte.
Als deutlich wurde, dass dieses Vorhaben andere Dimensionen als ein reines Schulprojekt annehmen würde, stellte sich das Projektteam personell und organisatorisch neu auf. Mit dem Sprung in die Oberstufe verabschiedeten sich einige der Mädchen aus dem Gründungsteam, parallel stießen die Schüler Lasse, Leon und Philipp hinzu. 2023 wurde eine Schülerfirma gegründet – auch auf Anraten eines Schülerfirmenberaters aus der Region, dessen Sohn zufällig in Ines Heidemanns Klasse war. „Das war ein Glücksfall. Die Schülerfirma war ein gutes Sprungbrett – mit realem Marktbezug, aber ohne volles unternehmerisches Risiko.“
Schnell wurde klar: Eine professionelle App-Lösung muss her, wenn der Erstkontakt zwischen Bewerbern und Unternehmen einfach und unkompliziert per Swipe-System funktionieren soll. Die ersten externen Angebote zur Programmierung schienen das Aus für das Projekt zu bedeuten. Doch die Jugendlichen gaben nicht auf – sie überzeugten Unternehmen im Emsland von ihrer Idee und fanden Partner, mit deren Hilfe die Programmierung in Auftrag gegeben werden konnte.
„Persönlichkeit entwickeln“ heißt es im Leitbild des Windthorst-Gymnasiums in Meppen. Im Fall von Lasse, Leon und Philipp könnte man auch von „Unternehmerpersönlichkeit“ sprechen: „Die drei Schüler, die das Projekt heute führen, haben sich unglaublich viel Wissen angeeignet – vom Steuerrecht bis zur Unternehmensgründung“, erklärt Ines Heidemann. Unterstützung für das Trio gab es schließlich von knapp 25 Sponsoren aus der Region, die der App nicht nur finanziell auf die Sprünge halfen, sondern auch wertvolles inhaltliches Feedback gaben. Ein Softwareunternehmen aus Meppen realisierte auf dieser Grundlage die Programmierung, die App erhielt den Markennamen „finda“ und ging im Frühjahr 2024 in allen gängigen App-Stores an den Start.
Wie schätzt Ines Heidemann das Thema Entrepreneurship Education insgesamt ein? „Es ist definitiv noch ausbaufähig. In den Curricula der Schulen steht meist VWL im Fokus – BWL und Gründungsthemen kommen oft zu kurz. Dabei ist das Interesse groß. Viele Jugendliche haben tolle Ideen – was fehlt, ist oft die Orientierung, wie man daraus etwas machen kann.“ Wichtig sei es vor allem, jungen Menschen die Angst zu nehmen: vor Fehlern, vor möglichem Scheitern, vor Verantwortung. „Schule kann da einen wertvollen Beitrag leisten – auch wenn sie natürlich nicht jedes Detail vermitteln kann.“
Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Geschichte von „finda“ wurde in diesem Jahr erreicht: der Übergang von der Schülerfirma zur richtigen Unternehmensgründung. „Lasse, Leon und Philipp wollten rechtzeitig vor ihrem Abitur sicherstellen, dass die App weiterwächst.“ Also wurde die Ausgründung zur finda UG ((haftungsbeschränkt) abgeschlossen – mit dem klaren Vorhaben, die Fachkräftegewinnung im ländlichen Raum digital zu unterstützen und zukunftsfähig zu machen. Heute sind bereits rund 100 Betriebe aus der Region auf „finda“ registriert und mehr als 2.500 Nutzerinnen und Nutzer greifen auf die App zurück, um passende Ausbildungsplätze und Praktika in ihrer Nähe zu finden. Ob es Nachahmer am Windthorst-Gymnasium gibt? „Das Interesse ist da – aber es braucht Mut, Durchhaltevermögen und den festen Willen, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Ines Heidemann. Das Beispiel des „finda“-Teams zeigt: Gründen ist vielleicht nicht für alle etwas – aber wer es wagt, lernt fürs Leben.
Zwölf Schulteams. Zwölf Ideen. Beeindruckende Präsentationen, kompetente Diskussionen und informative Gespräche mit Expert:innen: Vom 23. bis 25. September 2025 fand an der Bucerius Law School in Hamburg das diesjährige Bundesfinale des YES!-Schulwettbewerbs statt.
Alle Infos zu den Finalisten und den Siegerteams 2025 gibt’s hier.